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KSL im Gespräch mit Christian Fritsch:

01.03.2021
Christian Fritsch

Christian Fritsch arbeitet im Referat VI B 1 -  Grundsatzfragen der Inklusionspolitik, Stiftung Anerkennung und Hilfe im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. 

Herr Fritsch: Die gute Nachricht zuerst: Statt bis zum 31. Dezember 2020 können sich Menschen, die als Kinder und Jugendliche in der Zeit von 1949 bis 1975 in der BRD bzw. von 1949 bis 1990 in der DDR in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder Psychiatrie Leid und Unrecht erfahren haben, nun bis zum 30. Juni 2021 bei den Anlauf- und Beratungsstellen der Stiftung Anerkennung und Hilfe in Nordrhein-Westfalen  melden. Warum kam es zur Fristverlängerung?

Christian Fritsch: Die Corona-Pandemie hat bei vielen Betroffenen zu einer starken Verunsicherung geführt und auch dazu, dass die damit verbundenen alltäglichen Sorgen bei den Betroffenen den Gedanken, sich bei der Stiftung zu melden, haben in den Hintergrund treten lassen. Es kostet sehr viel Überwindung, sich bei einer Anlauf- und Beratungsstelle zu melden und dort die oft sehr schrecklichen Erlebnisse zu schildern. Insofern ist die Verlängerung ein richtiger und wichtiger Schritt, um noch mehr Menschen mit der Stiftung zu erreichen.

Wie läuft das Beratungsgespräch ab?

Der erste Schritt ist, sich bei einer Anlauf- und Beratungsstelle zu melden. Diese Meldung kann per Telefon, E-Mail, Brief oder Fax erfolgen. Wichtig ist, dass diese Meldung bis zum 30. Juni 2021 in der Anlauf- und Beratungsstelle vorliegt. Nach dieser Anmeldung wird die Anlauf- und Beratungsstelle Kontakt zu der Person, oder der/dem Betreuer/in, aufnehmen, um einen persönlichen Beratungstermin zu vereinbaren.

Das Beratungsgespräch wird durch qualifizierte Beraterinnen und Berater durchgeführt. Hierbei stehen die Empathie und der würdevolle Umgang mit den Betroffenen im Vordergrund. Darauf legen wir in Nordrhein-Westfalen sehr großen Wert. Niemand muss Angst vor diesem Gespräch oder die Sorge haben, nicht respektvoll behandelt zu werden.

Nach dem Beratungsgespräch prüft die Beraterin oder der Berater, ob die Anforderungen erfüllt sind und leitet die Meldung zur abschließenden Prüfung und Auszahlung an die Geschäftsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe weiter.

Wo befinden sich diese Berater*innen in NRW?

In Nordrhein-Westfalen gibt es zwei Anlauf- und Beratungsstellen. Diese befinden sich bei den beiden Landschaftsverbänden.

Müssen Antragsstellerinnen und Antragsteller denn nochmal detailliert ihre teils bestimmt traumatischen Erlebnisse erläutern?

Christian Fritsch: Nein, es müssen keine detaillierten Schilderungen der Taten erfolgen. Wir wollen auf keinen Fall, dass die Betroffenen Retraumatisierungen erleiden. Gegenüber den Beraterinnen und Beratern muss nur glaubhaft geschildert werden, wann die Unterbringung erfolgt ist und was vorgefallen ist. Hierbei steht die Person im Vordergrund und das Gespräch erfolgt auf Augenhöhe.

Die Demütigungen, die die Menschen damals erfahren haben, haben oftmals heute noch Auswirkungen auf ihr Leben. Wieviel Geld wurde in Nordrhein-Westfalen bereits ausgezahlt? Wie viele Personen haben bereits eine Leistung erhalten?

Christian Fritsch: In Nordrhein-Westfalen haben bisher fast 4.000 Personen Leistungen in einer Gesamthöhe von mehr als 25 Millionen Euro erhalten. Das sind Zahlen, die sehr erfreulich sind, aber wir wissen, es gibt noch mehr Menschen, die wir jetzt erreichen müssen!

Vielen Dank für das Interview, Herr Fritsch.

 

Die Adressen für die Anlauf- und Beratungsstellen:

Für den Bereich des LWL:

LWL-Regionale Anlauf- und Beratungsstelle
Abteilung 50
48133 Münster

0251 591-5886

Für den Bereich des LVR:

Landschaftsverband Rheinland
Dezernat 4
Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe
50663 Köln

0221 809-6769

 

Hintergrund Stiftung Anerkennung und Hilfe:

Der Bund, die Länder und die Kirchen haben die Stiftung Anerkennung und Hilfe 2017 ins Leben gerufen. Links zur Stiftung und weiterführende Informationen:

Link zur Stiftung Anerkennung und Hilfe

Die Meldung in den Anlauf- und Beratungsstellen erfolgt formlos, natürlich gibt es dennoch weiterführende Materialien.

Link zu ergänzenden Informationen und Materialien